Date: 08. Oktober 2020
Time: 17.00
Corona als Pause
Martina Berther hatte eine Auszeit und somit kein Release geplant. Aufgrund dessen und durch die finanzielle Unterstützung des gewonnenen Schweizer Musikpreises hatte die Pandemie anfänglich keine grossen negativen Auswirkungen auf sie. Das Unwissen ist trotzdem da und die Situation ein Chaos: Konzerte werden abgesagt, verschoben oder kurzfristig organisiert. Da sie mehrheitlich auf kleinen Bühnen unterwegs ist, konnte sie im August/September trotzdem viel spielen. Aber es wird je länger, je ruhiger. Normalerweise wäre jetzt eine konzertintensive Zeit. Nun finden wohl die verschobenen Konzerte vom Frühling statt. Sie nutzt die Zeit, um an neuen Sachen zu arbeiten: «Als Künstlerin eine glückliche Zeit haben, die Intensität wirken lassen – das kann ich mir gerade leisten. In den letzten Jahren habe ich viel gespielt, auch mit mancher künstlerischer Krise, jetzt wage ich mich auch an Ideen, die schon lange in mir Schlummern.» Serge war vor dem Lockdown im Vaterschaftsurlaub, als Schlagzeuger, der sozusagen verlängert wurde. Er hat mehrZeit zu Hause verbracht, und hauptsächlich als künstlerischer Leiter von Contrechamps gearbeitet. Er hat aber fast keine Konzerte mehr gespielt. Erst im September auch wieder im Ausland mit Contrechamps. Es fühlt sich komisch an, in einem grossen Saal, wo normalerweise vielleicht 500 Menschen im Publikum sitzen und derzeit nur etwa 100. Beiden fehlt die Interaktion mit dem Publikum. Dieses Live-Moment kann nicht ersetzt werden. «Der Austausch fehlt. Kein Erlebnis zum Teilen», sagt Serge.
Digitales Labor statt Mexico Eigentlich wäre eine Mexico-Tournee geplant gewesen. Anstatt gar nichts zu tun, hat Serge gemeinsam mit den Musiker*innen aus Mexico Lösungen gesucht. Dies ist zwar ein Mehraufwand aber «jetzt ist erst recht nicht der Moment die Türen ins Ausland zu schliessen», meint er. So wurden verschiedene digitale Module kreiert, welche auf einer Webseite ab November einzusehen sind. Konzertstreaming – Nein Kulturpolitisch ist es eine wichtige Zeit. Unter welchen Bedingungen und Umständen Konzerte gespielt werden. Oft werden Streaming-Konzerte gar nicht entlohnt, mit dem Hinweis, wie wichtig die Sichtbarkeit von Musiker*innen in diesen Zeiten ist... Alles gratis anzubieten ist für beide keine Lösung. «Eine gute Zeit unbezahlt für andere kreieren, macht müde.» Eher sollte vermittelt werden, dass Musiker*in ein Beruf ist! Es braucht auch Mut und ein gesundes Selbstvertrauen nein zu sagen, dass Streaming nicht in Frage kommt oder für eine niedrige Gage nicht gespielt wird. Aber es ist auch ein Selbstschutz. Folgende Fragen spielen dabei eine wesentliche Rolle: Welcher Wert habe ich als Musikerin*? Wieso verkaufe ich mich unter meinem Wert. Die Kreationsphase und die Kompositionen sollten dringend subventioniert sein: «Nicht nur das Resultat, sondern der Weg», meint Serge. Es fehlt an Fördergelder dafür: «mais c’est un travaill!» Studio statt Bühne in näherer Zukunft Serge wird mit Contrechamps viel Zeit im Studio verbringen. Verschiedene Videoprojekte realisieren und Studiosession mit wenig Publikum anbieten: «j’adore!». «In eine andere Richtung denken, Intimität mit Mikrophonen suchen und dies den Menschen näher bringen, anstatt mit Live-Stream zu arbeiten», ergänzt er. Auch Martina setzt den Fokus auf Studio: bessere Soundqualität, bessere Recordings. Ein Traum von ihr ist es jedoch schon: wieder auf einer kleinen Bühne zu stehen mit verschwitzten Menschen davor. Sie ist auch mit anderen Musiker*innen lieber gemeinsam im Studio oder einem Proberaum als digital. Beide sind froh darüber, dass sie bereits viele Live-Konzerte gespielt haben – sie zehren in diesen Zeiten davon. Links: https://www.martinaberther.ch https://contrechamps.ch/en/bio/serge-vuille/ https://www.schweizerkulturpreise.ch/awards/de/home/musik/musik-archiv/musik-2020.html
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